Nach Schnupperjahr – startet Mohammad in die Ausbildung zum Mechatroniker

Mohammad H. weiß, dass er ganz besonderes Glück hatte. Und dafür ist der junge Afghane dankbar. Er hat jetzt einen Ausbildungsplatz in Mittenwalde (Mark) bei der UGS GmbH, einem traditionsreichen Unternehmen, das zur französischen GEOSTOCK Holding S.A. gehört und nicht nur  außergewöhnlich, sondern auch eines der attraktivsten in der Gegend ist. Mohammad hat Unterstützung von seinen Kollegen, wenn er sie braucht. Er hat eine Wohnung und darf nach der Ausbildung im Unternehmen bleiben – damit hat er auch eine greifbare, gute Perspektive für ein finanziell unabhängiges Leben und eine aussichtsreiche berufliche Zukunft. Und das ist mehr als zu erwarten war, nach nur sechs Jahren Unterricht zuhause und zwei Jahren in einer iranischen Schule, die er auch nur besuchen durfte, weil der Vater dort eine Anstellung als Lehrer gefunden hatte. Und, es ist mehr, als er sich erhofft hatte, als er vor viereinhalb Jahren als 16-jähriger unbegleiteter Flüchtling in Schwedt ankam.

Am liebsten hätte Mohammad gleich gearbeitet. Eine Ausbildung war am Anfang nicht unbedingt sein Ziel. Und wenn schon eine Ausbildung, dann sollte es möglichst keine sein, die drei Jahre dauert… Er war in Schwedt zur Schule gegangen, hat dort Deutsch gelernt, dann ein Praktikum in einem Metallbau-Unternehmen angefangen, aber das lief nicht so gut. „Mein Deutsch hat nicht ausgereicht. Und es hat mir nicht gefallen. Die Chancen, danach dort einen Ausbildungsvertrag als Mechatroniker oder Chemikant zu bekommen, waren zwar da, aber das Umfeld nicht“, sagt er. Über die KAUSA Servicestelle Brandenburg erfuhr Mohammad dann von einem Unternehmen südlich von Berlin, bei dem das ganz anders wäre. Die UGS GmbH ist ein integriertes Ingenieur- und Dienstleistungsunternehmen, das sich auf die Erkundung, Planung, Errichtung, Instandhaltung und den Betrieb von Untergrundspeicheranlagen für gasförmige und flüssige Medien spezialisiert hat, suchte Auszubildende, die sich für außergewöhnliche Technik in der Erdöl-, Erdgas-, Energie- und Umweltwirtschaft interessieren:  „Dort bist Du nicht einer von vielen, Du kannst viel lernen und bekommst später einen wirklich spannenden Job“, hatte der KAUSA-Berater gesagt. Kurz darauf fuhr er mit Mohammed ins rund 55 km entfernte Mittenwalde. Die Personalabteilung sorgte gleich dafür, dass sich der junge Mann, der vielleicht einmal ein Azubi werden könnte, gut aufgehoben fühlte, einen Blick in die Werkstätten und das Lager werfen konnte, die Ausbilder kennenlernte. Weil auch die Kollegen dort einen so freundlichen Eindruck auf ihn machten, entschied sich Mohammad für ein Praktikum zu bleiben: Weil es schon Sommer war und der Ausbildungsstart zu knapp bevor stand, machte ihm das Unternehmen ein verlockendes Angebot: „Wir wussten nicht, ob sein Aufenthaltsstatus sicher ist, wollten ihm helfen. Und wir wollten Mohammad besser kennenlernen. Natürlich wollten wir ihm auch Zeit geben, zu entscheiden, ob er der Ausbildungsplatz zum Mechatroniker bei uns das Richtige für ihn sein könnte. Wenn ja, sollte es für alle Seiten passen. Also haben wir ihm einen Vorschlag gemacht“, erklärt Vera Ehrhardt, die UGS-Personalleiterin. „Wir hatten am Anfang auch über EQ, die für Unternehmen und Ausbildungsinteressenten konzipierte Einstiegsqualifizierung über die Agentur für Arbeit nachgedacht, uns dann aber für ein ähnliches, individuelles Modell entschieden, von dem wir glauben, dass es in unserem Fall günstiger war. Wir haben Mohammad deshalb ein einjähriges Betriebspraktikum bei uns geboten und bei uns Lernunterstützung als Vorbereitung auf die Ausbildung organisiert. Das kam allen entgegen. So konnten wir ihm ein Jahr lang eine Möglichkeit eröffnen, nach Auftragslage alle Fachbereiche im Unternehmen und die Kollegen kennenzulernen, zu sehen, was die Mechatroniker bei uns zu tun haben – und dabei vor allem schon etwas Geld zu verdienen, von dem auch für die spätere Ausbildungszeit noch etwas übrig bleibt. Das hat ihm besonders gefallen“, ergänzt sie. „Und dieses Probejahr hat uns so von Mohammad überzeugt, so dass wir ihm auf jeden Fall die Chance geben wollten, bei uns Mechatroniker zu werden. Wir konnten ihm auch versprechen, ihm nach bestandener Prüfung hier den Berufseinstieg zu ermöglichen. Heute freuen wir uns sehr, dass er 2019 im Herbst tatsächlich unser Azubi geworden ist. Das spricht auch für unser Praktikumskonzept mit enger Begleitung und Unterstützung in allen Belangen.“

Um ihm zu zeigen, wie gern sie ihn als Azubi hätten, haben die Kolleginnen und Kollegen relativ schnell eine Wohnung für ihn gefunden. Eine 2er-WG in Wildau. Gegenüber Schwedt zuvor war das ein deutlicher Vorteil. Wegen der S-Bahn- und Busanbindung zwischen Mittenwalde (Mark) und seinem neuen Wohnort waren die Entfernungen machbar, auch zur Berufsschule in Hennigsdorf, und dem Ausbildungsverbund in Wildau und Berlin-Adlershof. „Das alles ist für mich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar. Mit dem Auto wäre ich auch nicht schneller“, hat Mohammad sich ausgerechnet. Er weiß es zu schätzen, dass sich in seinem Unternehmen so viele Kollegen für ihn einsetzen. Auch für Ausbildungsleiter Burkhard Thiele war früh klar, dass Mohammad passt. „Er hat von Anfang an seine Arbeitsaufträge gern entgegengenommen und sich Mühe gegeben, sie zu erfüllen. Auch wenn die anderen Kollegen schon Feierabend gemacht haben, ist er, wenn der Bus erst später kam, oft noch geblieben und hat noch eine halbe Stunde im Lager mitgeholfen oder Bohrer und Bolzen gereinigt, was nicht so beliebt ist… Beim Arbeiten mit den Kollegen hat er noch besser Deutsch gelernt und sogar seinen Gabelstaplerführerschein gemacht. Das hat uns überzeugt.“

Das von seinem Ausbilder zu hören, macht Mohammad stolz. Er sagt: „Ich habe mich vom ersten Tag an hier gut aufgehoben gefühlt, hatte guten Kontakt zu den Kollegen, den anderen Azubis und bin froh, dass die Arbeit so vielfältig ist. Ich habe zwar die ersten beiden Monate nur zugehört und kaum Deutsch gesprochen, aber dann ging es irgendwann. Am Ende des Praktikums habe ich so um die 80 % auch mit Fachwörtern gut verstanden. Was ich hier gelernt habe, hilft mir heute in der Berufsschule, wo ich gut mitkomme. Dass ich das Jahr zuvor Geld verdienen konnte, hat mir gut gefallen. Mir gefällt auch, dass ich mir jetzt schon den Bereich aussuchen kann, in dem ich später am liebsten arbeiten möchte. Ich kann vielleicht hier am Standort bei Herrn Thiele in der Werkstatt arbeiten oder draußen, an einer der vielen Bohranlagen, bundes- und europaweit. Das interessiert mich. Auch die Betriebsvorbereitung, vor dem Ein- oder Ausspeisen des Gases – wie wir sagen – könnte ich mir vorstellen.  Es gibt hier auch eine Leitzentrale für Kavernen, welche nicht in Mittenwalde stehen, wo Gase aus- und eingespeist werden. Auch dort haben Mechatroniker Einsatzmöglichkeiten. Darauf kann ich mich auch spezialisieren.“

Mohammad H. ist einer von drei Auszubildenden, die seit Herbst 2019 bei der Untergrundspeicher- und Geotechnologie-Systeme GmbH in Mittenwalde (Mark) ihre Ausbildung absolvieren. Er und ein junger Brandenburger lernen hier gemeinsam den Beruf des Mechatronikers, der dritte UGS-Azubi dieses Jahrgangs wird Elektriker. Zwei Stellen für künftige Bergbautechnolog*innen sind unbesetzt, weil sich kein*e Bewerber*in dafür gefunden hat. „Weil wir bisher gute Erfahrungen mit zugewanderten Azubis gemacht haben, sind wir für alle interessierten Schulabgänger*innen offen. Wir sind in einer Zukunftsbranche tätig, in der es viele Ansatzpunkte für innovative Technologien, für diverse Ingenieurstätigkeiten, den Einsatz moderner Technik bis hin zur Handwerksarbeit von Fachleuten zwischen einer effizienten Energiewirtschaft und Umweltschutz gibt. Wir hoffen, dass wir künftig mehr junge engagierte Schüler*innen für spannende Berufe bei uns begeistern können, denn große Aufgaben – sogar mit weltweiten Einsatzmöglichkeiten – gehören bei uns zum Tagesgeschäft. Auch deshalb sind internationale Azubis willkommen“, sagt Ausbildungsleiter Herr Thiele.