Hiba Soud: Vor der KAUSA habe ich über 50 Bewerbungen geschickt und keine Antwort bekommen

Hiba Soud ist in Syrien geboren. Seit 2016 wohnt die junge Frau in Cottbus. Sie wusste schon damals, dass sie in Deutschland unbedingt eine Ausbildung machen wollte. Anfangs aber hatte sie nur Absagen erhalten und war verzweifelt. Wie hat sich ihr Leben verändert – heute in unserem Gespräch:

Hiba, wann hast du die KAUSA-Landesstelle Brandenburg entdeckt?

– Ich habe schon lange von der KAUSA gehört, mein Mann hat erstmal die Landestelle vor 3 Jahren entdeckt. Er war auf der Suche nach einem Job. Die KAUSA- Mitarbeiterinnen haben ihn immer unterstützt und eine Arbeit gefunden. Ich wollte gerne eine Ausbildung machen und habe verschiedene Bewerbungen geschrieben.

Ich erlebte, dass man uns wegen des Kopftuchs nicht akzeptiert. Manche Unternehmen wollen keine Azubis oder Mitarbeiter mit dem Kopftuch haben. Dann hat mein Mann mir vorgeschlagen, zu Andrea Behrends, Beraterin und Projektleiterin der KAUSA, zu gehen. Ich habe dort viel geweint, weil ich keinen Ausweg gefunden habe. Andrea hat mich beruhigt und stellte mir immer neue Berufe vor (das waren richtig schöne Angebote), aber meine Träume waren ein bisschen anders. Ich wollte gut verdienen und flexible Arbeitszeiten haben, weil mein Kind noch klein ist.

Erstmal wollte ich eine Ausbildung im Gesundheitswesen starten, aber meistens bedeutet diese Arbeit Schichtarbeit für mich. In anderen Berufen war die Berufsschule nicht in Cottbus. Dann habe ich Andrea gesagt, dass ich gerne eine Ausbildung in der Stadtverwaltung machen will, weil die Berufsschule in Cottbus ist.

Das war Glück, dass Andrea in der Landesstelle einen Frauentreff organisiert hatte und bei dem ich eine Mitarbeiterin aus der Stadtverwaltung kennenlernte. Sie hat mir alles über die Stadtverwaltung erzählt. Das waren viele wichtige Information wie Statistik und Struktur – ich hatte davon keine Ahnung.

Sie hat mich ins Büro eingeladen und mir Arash Mirkhani aus dem Projekt „Vielfalt als Chance“ vorgestellt. Durch ihn habe ich erfahren, dass es in der Stadtverwaltung eine Einstiegsqualifizierung zur Vorbereitung auf die Ausbildung gibt. Ich habe mich für die Einstiegsqualifizierung und für die Ausbildung beworben und lange gewartet.

Früher wusstest du nicht, dass solche Angebote überhaupt da sind?

-Nein, wusste ich nicht. Nur dank Andrea und des Frauentreffs. Wir haben mit Andrea ein Vorstellungsgespräch für die Einstiegsqualifizierung und die Ausbildung geübt. Wir warteten nicht nur, sondern schickten auch gleichzeitig an andere Stellen meine Bewerbungsunterlagen.

Die Einstiegsqualifizierung ist eine interessante Kombination von „Arbeiten und Lernen“ in einem Tätigkeitsfeld, um in das Berufsleben zu starten. Wie lange dauerte deine Einstiegsqualifizierung, hat dir alles gefallen?

– Die Einstiegsqualifizierung dauerte sechs Monaten. Es hat mir alles gefallen. Ich habe im Fachbereich „Bildung und Integration“ angefangen. Der Fachbereich arbeitet mit Menschen mit Migrationshintergrund. Es war genau die Zeit, als die ersten Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine ankamen. Ich bin selbst eine Frau mit Migrationshintergrund und verstehe, was die Kriegsflüchtlinge brauchen. Obwohl ich nicht genug Erfahrung mit der Arbeit hatte, versuchte ich immer zu helfen. Mein Praktikum fand auch beim Ordnungsamt statt. Ich habe Strafzettel verteilt und die Autos abschleppen lassen. Dann kam das Jugendamt, das Sozialamt. Im Bürgerservice hat mir am besten die Ausländerbehörde, das Stadtbüro, das Standesamt und die Einbürgerungsbehörde gefallen.

Hast du so viel in dieser kurzen Zeit erlebt?

– Ja. Das war für die Ausbildung sehr hilfreich. Ich habe schon viel mehr Informationen über die Ausbildungsstätte als andere Azubis. Ich verstehe besser die Struktur der Stadtverwaltung. Wenn ich in der Schule bin und der Lehrer fragt, was macht genau das Ordnungsamt? – Ich habe 6 Wochen da gearbeitet und verstehe dazugehörige Aufgaben und wüsste sofort die richtige Antwort.

Im September hast du deine Ausbildung in der Stadtverwaltung gestartet?

– Genau, wir sind zwei Azubis mit Migrationshintergrund in der Gruppe. Und was mir am besten gefällt – das abwechselnde Modell der dualen Ausbildung.  Es ist einfach genial: wir besuchen die Berufsschule und arbeiten in der Stadtverwaltung. Mein Partner Fachbereich ist die Volkshochschule mit der Stadt- und Regionalbibliothek. Jeder Azubi hat seinen Patenfachbereich. Aber es wäre besser, wenn jeder Azubi selbst entscheiden könnte, wo er gerne sein will. Ich wollte gerne im Bürgerservice oder im Ordnungsamt sein.

Warum hattest du dich überhaupt für die duale Ausbildung entschieden?

– Flexible Arbeitszeiten, Arbeiten und Lernen gleichzeitig, viele Zuschüsse, gute Verdienstmöglichkeiten und Chance für meine persönliche Entwicklung. Wir haben sehr viele Kontakte mit Menschen. Und natürlich ein sicherer Arbeitsplatz. Wer seinen Abschluss mit mindestens guten Ergebnissen schafft, der wird gleich unbefristet eingestellt. Das wünsche ich mir. Ich fühle mich wie eine richtige Mitarbeiterin, habe fast die gleichen Möglichkeiten wie die anderen.

Hiba, dein positives Beispiel kann auch andere Menschen motivieren. Was kannst du empfehlen, wenn jemand gerade auf der Suche nach einem Job oder einem Ausbildungsplatz ist?

– Ich habe weit über 50 Bewerbungen abgeschickt und keine Antwort bekommen – nur die Absagen zusammen mit den Bewerbungsunterlagen. Und wenn jemand mich fragt – ich sage einfach – geht zu KAUSA. Und immer kämpfen, nicht aufgeben, weil es immer neues gibt, die Welt verändert sich. Ich höre jeden Tag neue Geschichten, dass es jemand geschafft hat. Mein Erfolg ist auch ein schönes Beispiel für alle Migranten. Ich empfehle, jungen Müttern aktiv zu sein. Es gibt viele Träger in Cottbus, die für Mütter mit Kindern verschiedene Aktivitäten anbieten, wo sie Deutsch verbessern und neue Kontakte knüpfen können.

Wir brauchen mehr Erfolgsgeschichten. Wenn ich im Social Media lese, dass jemand einen Vertrag bekommen hat oder eine Prüfung bestanden hat, dann steigert das meine Motivation.

Ich freue mich, dass ich jetzt ein Teil der Erfolgsgeschichten bin und ich hoffe, dass es so bleibt.