Ausbildungsabbrüche vermeiden, aber wie?

Wie kann man die Ausbildung von Geflüchteten erfolgreich gestalten und  Abbrüche vermeiden? Dieser Frage ging am Montag im Bildungszentrum der IHK Cottbus eine kenntnis- und erfahrungsreiche Runde von Ausbildungspraktikern aus regionalen Unternehmen und Experten für Integration und Berufsausbildung des Landes Brandenburg nach. Dabei saßen hier „nicht wie bisher oft, nur Vertreter der Unterstützer beruflicher Integration am Tisch“, wie Moderatorin Valentina Mählmeyer vom DIHK „NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge (NUiF)“ überrascht feststellte, sondern erstmals genauso viele Personaler und Ausbilder von regionalen Unternehmen, die bereits junge Geflüchtete ausbilden, Praktikumserfahrungen haben oder kurz davor stehen, Ausbildungsverträge abzuschließen. Dabei waren engagierte Firmen wie z.B. BASF-Schwarzheide, die uesa GmbH, die Lidl Vertriebs GmbH, die LEAG, die Remondis GmbH & Co.KG, das Klinikum Niederlausitz oder auch die beng Waschtechnik und Reinigungssysteme GmbH und die Pro Catering Service GmbH. Dass der für ihr Thema wichtige, gemeinsame Erfahrungsaustausch letztlich nicht in einer Problemaufnahme endete, sondern vor allem die sichtbaren Ansätze von Unternehmen zeigte, wie bereits Hürden genommen werden und die ersten Ausbildungsjahre und -monate mit Unterstützung an den richtigen Stellen erfolgreich laufen können, war das besondere Verdienst dieser gemeinsamen Veranstaltung von DIHK, KAUSA Servicestelle Brandenburg und den beiden Kammern – IHK Cottbus und Potsdam.

Ausbildungsabbrüche sind teuer – ein echtes Problem

Weil bundesweit etwa jeder vierte Azubi seine Ausbildung abbricht – in einigen Branchen sogar jeder dritte – entsteht auch der Wirtschaft im Land Brandenburg jedes Jahr erheblicher Schaden. Erst recht in einer Zeit, in der die Unternehmen immer mehr Aufwand betreiben müssen, um ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. Dabei sind Ausbildungsabbrüche auch für Auszubildende alles andere als einfach zu verkraften. Sie bedeuten, gleichermaßen für einheimische und junge Auszubildende mit Fluchtgeschichte, viel Enttäuschung, Frust und Unsicherheiten. Für junge Geflüchtete kommen zusätzlich noch die fremde deutsche Sprache, unbekannte Arbeitsprozesse, Prüfungen in der Berufsschule, finanzielle Engpässe und im ländlichen Raum eine oft schwierige Mobilität hinzu.

Ausbildungsabbrüche bei Geflüchteten – früh erkennen

Yvonne Meyer von der IHK Potsdam nannte vor allem die Fachsprache Deutsch als Ausbildungsabbruch-Grund Nr. 1 für Geflüchtete, danach kommen Schwierigkeiten in Betrieb und Berufsschule und schließlich an dritter Stelle Gründe, die Ergebnis fehlender Berufsinformationen oder falscher Erwartungen sind, bzw. in der Persönlichkeit, im allgemeinen Wissensstand, der Leistungsfähigkeit liegen oder auch mit der Wohnsituation und Mobilität zu tun haben. Selbst, wenn die Gründe für Ausbildungsabbrüche in vielen Unternehmen gar nicht genau erfasst werden, so wurde in der Diskussion  deutlich, dass sie meist schon in der Probezeit oder im ersten Ausbildungsjahr auftreten. Deshalb ist es überaus sinnvoll, sie früh zu erkennen, damit sie den Azubis nicht über den Kopf wachsen. „Hier sind wir auch auf die gute Kommunikation mit den Lehrern in der Berufsschulen angewiesen“, sagte Jörg Lange von der LWG Lausitzer Wasser GmbH & Co.KG. „Wir geben auch gern begleitende Nachhilfe und sehen das als wichtiges Angebot an. … Kontakte zu Sozialarbeitern haben wir noch nicht genutzt, aber die ,Türöffner‘ sind ja heute da“, ergänzte er.

Konkrete Unterstützungsangebote sind nötig – Zusammenarbeit zählt

Für erfolgreiche Lösungsstrategien sei auch die Erkenntnis wichtig, dass Ausbildungsabbrüche nicht nur Ergebnis des Scheiterns von Azubis sind. Insofern saßen mit den beiden IHK, KAUSA Brandenburg, den Bildungsanbietern TÜV Rheinland-Akademie und der Wirtschaftsentwicklungs- und Qualifizierungsgesellschaft mbH sowie den kommunalen Hilfsprojekten wie „Türöffner: Zukunft Beruf“  und IQ Netzwerk Brandenburg genau die Ausbildungsexperten und -unterstützer hier an der Seite der Unternehmen, die konkrete Informationen und Antworten, z.B. zu aufenthaltsrechtlichen Fragen und konkreten Fördermöglichkeiten, geben konnten. Natürlich bewegten die Unternehmen die Fragen, wie sicher ihre Investionen in die Ausbildung Geflüchteter sind: „Wir suchen händeringend Lkw-Fahrer und möchten gern Migrantinnen und Migranten, auch Geflüchtete, ausbilden. Aber natürlich sollen sie dann möglichst auch nicht in Syrien, sondern hier in Brandenburg fahren“, fasste Jan Baade von Remondis zusammen. „In jedem Fall ist es wichtig mit den Behörden zusammenzuarbeiten und miteinander zu sprechen. Meine Erfahrung ist, dass hier auch der Ton die Musik macht, denn die Drei-plus-zwei-Regel ist oft eine gute Lösung, zum Beispiel für ausbildungsbereite Afghanen“, erklärte Sebastian Kappa von der IHK Cottbus.

Auch Anforderungen an Teams in den Betrieben sind nicht zu unterschätzen

„Auch an die Mitarbeiter werden hohe Anforderungen gestellt. Viele Unternehmen brauchen interkulturelle Schulungen. Unser Vorteil auf dem Land ist daneben vielleicht, dass man sich hier gut kennt und schnell hilft, wenn es Probleme gibt“, sagt Petra Schäfer von der uesa GmbH. „Wir als Ausbilder müssen uns auch weiterbilden, damit wir die Azubis – deutsche und internationale – besser verstehen und richtig anleiten können“, erklärte Jan Baade.

Hilfsangebote und Engagement gibt es – sie müssen aber sichtbar sein

Fragen gibt es selbstverständlich reichlich. Aber Hilfsangebote auch. Sowohl die Bildungsträger, als auch die Projektvertreter von Türöffner, IQ und KAUSA nutzten in den Einzelworkshops und Gesprächen die Möglichkeit, ihre Angebote vorzustellen. Sie reichen von der Berufsorientierung und Beratung über Ausbildungsberufe und Abläufe bis hin zur Unterstützung bei Anerkennungsfragen von Schul-, Studien- und anderen Bildungsabschlüssen sowie Berufserfahrung, die Geflüchtete in ihren Heimatländern erworben haben. So wurden auch die Förderprogramme „Assistierte Ausbildung – AsA“, zu der es auch ein Landesprogramm gibt und die „Einstiegsqualifizierung – EQ“ genannt sowie verschiedene Mentoren- und Patenschaftsprojekte u.a. der Senior Expert Service vorgestellt.

Beratungen über Berufsausbildung, vor allem im Vorfeld der Berufswahl und der Entscheidung für einen Ausbildungsplatz, bietet z.B. die KAUSA Servicestelle Brandenburg. Charlotte Kruhøffer, die Projektleiterin, sah sie „sowohl für junge Migrantinnen und Migranten mit und ohne Fluchthintergrund, als auch für deren Eltern und für Unternehmen als sehr wichtige Voraussetzung an, um Ausbildungsabbrüche zu verringern. Denn wer gut informiert ist, kann auch eine selbstbestimmte Berufswahl treffen. Auch Unternehmen profitieren davon, wenn im Vorfeld klar ist, wie gut ein Bewerber tatsächlich Bescheid weiß. Hier können wir früh für Kontakt sorgen und Hilfe fast aller Art organisieren.“, sagte sie.

Was zählt, so der Tenor der Schlussrunde sind Kooperation und Austausch. Insofern wünschten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Runde spätestens in einem Jahr ein Folgetreffen.