Wir brauchen als nächstes einen Unternehmensgipfel

Nach dem Integrationsgipfel des Landes Brandenburg – ein Gespräch mit Charlotte Kruhøffer, Projektleiterin der KAUSA Servicestelle Brandenburg:

Waren  die Gesprächsrunden vom vorigen Donnerstag der Impuls für die Idee des Unternehmensgipfels ?

Charlotte Kruhøffer: Durchaus. Wir hatten dort wirklich gute Gespräche zur Realität der allgemeinen Integrationssituation im Land mit vielen interessanten Erfahrungen und Vorschlägen. Dabei wäre interessant gewesen, was die Unternehmen dazu sagen. Um das ganz direkt zu erfahren, brauchen wir den Unternehmensgipfel einfach.

Warum halten Sie ihn für sinnvoll?

Charlotte Kruhøffer: Einerseits, weil ich diesen Integrationsgipfel als wirklich konstruktiv empfunden habe. Hier haben die Akteure aus vielen gesellschaftlichen Bereichen ihre Erfahrungen und Ideen ausgetauscht – Politiker*Innen haben zugehört und mitdiskutiert. Es wurden keine Forderungskataloge aufgestellt, sondern sehr ernsthafte Diskussionen über die gemeinsame Arbeit geführt und das, was dadurch bisher erreicht wurde.

Und das ist…?

Charlotte Kruhøffer: … neben der Schaffung von arbeitsfähigen Strukturen für die berufliche und soziale Integration vor allem eine Zahl. Von den rund 40.000 Zuwanderern im Land Brandenburg, die seit Ende 2014 gekommen sind, hätten inzwischen, so Ministerpräsident Dietmar Woidke rund 3.500 eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen. Das ist zwar schon etwas, aber noch nicht genug. Laut Bernd Becking, dem Leiter der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit, suchen landesweit rund 660 junge Geflüchtete in diesem Jahr einen Ausbildungsplatz. Wie viele bis Ende Oktober tatsächlich eine Ausbildung beginnen  werden, ist natürlich noch nicht bekannt. Aber es werden nicht so viele sein, wie wir uns vor einem Jahr vorgestellt haben.

Wie viele junge Migrant*Innen und Geflüchtete konnte die KAUSA Servicestelle davon überzeugen jetzt eine Ausbildung zu beginnen?

Charlotte Kruhøffer: Mit Stand heute haben wir nach mehr als 200 Beratungen für junge Geflüchtete, Migrant*innen, Eltern und Unternehmen acht junge Leute in Ausbildung vermittelt und sieben in Einstiegsqualifizierungen oder in die erste Phase der Assistierten Ausbildung. Wir haben noch einige Verträge in der Pipeline. Das ist ein guter Anfang – besonders, wenn man weiß wie viel Engagement, wie viele Wege, Telefonate, Mails, Briefe und Gespräche unserer vier Berater*Innen und des inzwischen großen Netzwerks von Partnern dahinterstehen. Keine Frage ist, dass das im nächsten Jahr viel besser sein muss. Aber daran zweifeln wir nicht.

Was macht Sie da so sicher?

Charlotte Kruhøffer: Bis dahin sind deutlich mehr junge Zuwanderer ausbildungsreif als jetzt –  fachlich und sprachlich, wenn die Bildungsketten nicht reißen. Und wir können bis dahin gewiss noch mehr von ihnen von einer Ausbildung überzeugen.  Aber wir müssen noch mehr Firmen dafür gewinnen, ihnen eine Chance zu geben.

Ist das ein Problem?

Charlotte Kruhøffer: Durchaus. Wir brauchen mehr Praktikumsplätze und mehr Firmenunterstützung bei Einstiegsqualifizierungen. Und wir brauchen so früh wie möglich die Angebote freier Ausbildungsplätze für das kommende Ausbildungsjahr, denn auch die Jugendlichen, die wir im Interessentenpool haben, entscheiden sich manchmal einfach um.  Oder sie sagen kurzfristig ab, nehmen lieber einen Hilfsjob an und lassen, wie einheimische Jugendliche auch, Zusagen sausen. Das haben wir mehrfach erlebt. Dann heißt es, wieder von vorn anzufangen.

Was könnte ein Unternehmensgipfel hier leisten?  

Charlotte Kruhøffer: Wenn die Zusammensetzung gut sortiert ist, sehr viel. Er kann den Unternehmen zeigen, wo sie Beratung und Unterstützung beim  Recruiting bekommen können. Viele wissen gar nicht, dass es Einstellungszuschüsse gibt, dass neben Praktika auch Probearbeit möglich ist und welche Vorteile sie hat, wie Einstiegsqualifizierungen funktionieren, dass es später während der Ausbildung Begleitungsangebote gibt, um Abbrüche zu vermeiden. Dafür können bei einem gut geplanten Unternehmenstreffen wichtige Kontakte zu Institutionen und Organisationen und inzwischen viel Wissen vermittelt werden. Das senkt dann vielleicht auch die Frustrationsschwelle, wenn mal ein Bewerber wieder abhandenkommt.

Was kann KAUSA aus den  Beratungen im vergangenen Projektjahr einbringen?

Charlotte Kruhøffer: Wir wissen jetzt deutlich besser Bescheid, wo die Stellschrauben für das Matching zwischen den Jugendlichen und Unternehmen liegen – da führt an guten Sprachkenntnissen und einer offenen Einstellung zum Lernen auf der Seite der Ausbildungsinteressenten natürlich kein Weg vorbei. Wir haben gelernt, dass junge Leute, egal woher sie kommen, eigene Wünsche und Vorstellungen über ihre Zukunft haben. Die kann man oft nicht so leicht umleiten. Wir kennen inzwischen ihre Absagegründe und die Hürden für die Vermittlung auf Seite der jungen Leute ganz gut – was die Firmen bewegt, wenn sie auf Anrufe oder Bewerbungen nicht reagieren, möchten wir gern herausfinden. Bei einem Unternehmensgipfel könnten wir Lösungen für viele Fragen und Probleme diskutieren, Ihnen die Hilfsmöglichkeiten vorstellen und Erfahrungen austauschen. Ich denke, das würde sich lohnen.